Ungeachtet gewisser disziplinimmanenter Eigenschaften und manueller, ja handwerklicher Komponenten wird auch die Architektur von der zunehmenden Digitalisierung unserer Gesellschaft erfasst. Bekanntlich führte dies in einem ersten Schritt zum Ersetzen des Handzeichnens durch CAAD-Programme und zum relativ bezugsfreien Entdecken virtueller Formen und Welten. Allen Unkenrufen zum Trotz hatte die erste Digitalisierungswelle jedoch auch positive Aspekte: Die Architektur war gezwungen, sich mehr Klarheit über sich selbst zu verschaffen, was auch zu einem besseren Verständnis ihrer Prozesse geführt hat. Diese Transformation allerdings vollzog sich vor allem im Zeichen kapitalistischer Effizienz: mehr Austausch, mehr Geschwindigkeit, mehr Präzision usw.
Heute befinden wir uns in einer zweiten Digitalisierungswelle. Sie wirkt viel tiefgreifender, weil sie nicht nur auf weitere Effizienzsteigerungen angelegt ist, sondern die Prozesse grundlegend verändert. So lassen sich mithilfe von Building Information Modeling (BIM), digitaler Fabrikation oder digitalen Planungstools bspw. digitale Zwillinge generieren, die dazu beitragen, Konflikte und Fehler im Prozess zu verringern. Für die Architektur ist das insofern problematisch, als sie kaum Möglichkeiten hat, darauf Einfluss zu nehmen, und weil ihr damit der Spielraum genommen wird, Prozesse iterativ, also durch schrittweises Wiederholen und Lernen, zu entwickeln.
So wird die Architektur zum Spielball von Entwickler:innen und Programmierer:innen, die von der Disziplin meist keine Ahnung haben. Dabei geht es uns keineswegs um eine Ablehnung oder gar Verweigerung der Digitalisierung – diese ist allumfassend und bringt ohne Zweifel auch viele Vorteile – den herrschenden Techno-Enthusiasmus aber teilen wir nicht. Wir wollen die Instrumente und Methoden, die wir zur Verfügung haben, weiterhin hinterfragen und experimentell ausloten können.
Im Rahmen der Vortragsreihe Blauer Montag am Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen wollen wir Beispiele aufzeigen, wie man kreativ mit diesen Instrumenten und Werkzeugen umgehen kann, fragen, welche Reflexionsräume das für die Disziplin bereithält, und eine historische Einordnung versuchen.